Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
sehr geehrter Herr Landtagsvizepräsident,
sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
verehrte Herren Bischöfe, Äbtissinnen und Äbte,
liebe Schwestern und Brüder,
zunächst gratuliere ich – auch im Namen der gesamten klösterlichen Familie des Klosters Amelungsborn – dem neuen Abt selbst, dem Kloster Loccum und seinem Konvent zur Ein-führung des Abtes Ralf Meister. Zugleich danke ich dem neuen Altabt Horst Hirschler für seinen 20-jährigen Leitungsdienst. Ihnen beiden gilt – wie Ihnen allen – der Wunsch nach Gottes Segen und Weisheit beim Wechsel in die neue Rolle.
Ich darf heute den Gruß der Zisterzienserfamilie überbringen. „Darf“ sage ich, weil die im Zuge der Reformation zum evangelischen Bekenntnis übergetretenen Klöster ja seit jener Zeit nicht mehr in erster, direkter Linie mit dem in Citeaux gegründeten weltweiten Zister-zienser-Orden verwandt sind. Gleichwohl wird uns ein weitläufiges Verwandtschafts- und intensives Freundschaftsverhältnis zugestanden, das sich im Selbstverständnis und Handeln der Gemeinschaft Evangelischer Zisterzienser-Erben in Deutschland abbildet.
Sie, lieber Bruder Hirschler, haben dieses Selbstverständnis gemeinsam mit dem Nestor der Bewegung, Paul Geissendörfer,
so beschrieben:
Die Gemeinschaft sieht ihre Aufgabe darin, das reiche spirituelle Erbe der mittelalterlichen Zisterzienserbewegung im Geist der lutherischen Reformation neu zu entdecken und für das Leben der Gemeinden und der einzelnen Christen fruchtbar zu machen:
In der Faszination der von dem Lob Gottes geprägten gottesdienstlichen Räume und in der Feier der Tagzeitengottesdienste
- In der Wahrnehmung, wie zisterziensische Spiritualität und evangelische Frömmigkeit sich gegenseitig bereichern können
- In der Suche nach Möglichkeiten geistlichen Lebens in unserer Zeit
- In der Identität eines an der Bibel orientierten evangelischen Glaubens.
Auch Sie, lieber Abt Ralf, seien in der Gemeinschaft der Zisterzienser-Erben herzlich willkommen geheißen. Erbengemeinschaft klingt fast ein wenig dramatisch, weil sie ja den Tod eines Erblassers voraussetzt. Das ist aber eine ganz vitale Gruppe, die regelmäßig zusammenkommt und darauf achtet,
- dass sich kein Angehöriger einer klösterlichen oder kommunitären Gemeinschaft einen eschatologischen Mehrwert verspricht, der über die Taufwürde hinausgeht,
- dass man Gelübde als Zusage von Verbindlichkeit versteht, die man ohne Gewissensbisse auch wieder abgeben kann,
- dass Klosterengagements nicht per se gut sind, sondern immer nur so gut sind, wie sie Christus, dem Nächsten, dem Glauben und der Kirche dienen.
Dieses Selbstverständnis ermöglicht einen Dienst, der ökumenisch offen ist. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass in monastischen Gemeinschaften und ihrer Frömmigkeitspraxis konfessionelle Differenzen keine, jedenfalls keine trennende, Bedeutung haben und Vorposten einer Gemeinschaft sein können, deren Vollform durch Lehrdifferenzen derzeit noch verborgen ist.
Ich wünsche dem Kloster Loccum, dem neuen Abt und dem neuen Altabt, dem Konvent und allen Mitarbeitenden, dass Sie weithin ausstrahlende und einladende Formen des Gebetsgemeinschaft und des Christusbekenntnisses finden.
Dass Sie wie alle Zisterzienser in gleichen Teilen kritisch wie dankbar das Leben und die Wirkung des ersten Abtes, Bernhard von Clairvaux, bedenken. Dass Sie A und O, Auftrag und Ordnung, immer wieder eine zeitgemäße Gestalt geben, also nach Ihrer Berufung fragen und die Antworten nicht allein aus der Tradition generieren.
Ernst Bloch rät einmal: ‚Nur jenes Erinnern ist fruchtbar, welches zugleich daran erinnert, was noch zu tun ist.‘ Kurzum: Dass in Loccum der Leitspruch der Zisterzienser gelebt wird: Porta patet – cor magis. Die Tür steht offen – das Herz weit mehr.
Seien Sie alle von Herzen Gott befohlen.
Regionalbischof Eckhard Gorka | Abt von Amelungsborn