(Höhe 84 cm, Breite 58 cm), geschaffen 1986/1987 von Bildhauer Werner Franzen (geb. 1928), Bergisch Gladbach

Gedanken von Arno Paffrath

Die als „Ökumene“ bezeichnete Bronzeplastik möchte die Gemeinsamkeiten beider Kreuzestheologen, Bernhard von Clairvaux und Martin Luther, aufzeigen. Das Thema kommt dem Simultangebrauch der ehemaligen Zisterzienserabteikirche Altenberg entgegen, die seit 1857 von der evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde gemeinsam genutzt wird.
Vorbild beider Kreuzestheologen war der Apostel Paulus, der im 1. Korintherbrief 2, 2 und im Galaterbrief 6, 14a mit 3, 1b das Grundsätzliche der christlichen Heilsbotschaft aussprach. Das Zeugnis Gottes war nach Paulus, Jesus Christus recht zu erkennen und ihn lieben zu lernen, und zwar als den Gekreuzigten, wobei das Kreuz mit eingeschlossen war.
Bernhard von Clairvaux hatte sich in seiner 43. Ansprache zum Hohen Lied dieses Gedankengut zu eigen gemacht und ist in seiner Kreuzesmystik diesem Grundsatz zeit seines Lebens treu geblieben. Er darf als Begründer der mittelalterlichen Kreuzesmystik verstanden werden.

Über Martin Luther, der ein eifriger Leser der Schriften Bernhards war und der immer wieder auf Bernhard aufmerksam machte, äußerte Landesbischof Johannes Lilje, Hannover: „Luther hat zeitlebens nur eine Theologie gehabt, die Theologia crucis“.

Dies regte Künstler der Gegenwart an, die beiden Theologen Bernhard und Luther unter dem Kreuz Christi einander näher zu bringen. Das Motiv steht ohne Vorbild. Auf der einen Seite lehnt es sich zwar an die Amplexusszene an (Bernhard wird vom Gekreuzigten umarmt). Auf der anderen Seite kann auf zwei Ölgemälde in Roßwälden (1817) und Holzmaden (18. Jahrhundert) aufmerksam gemacht werden, die Luther und Paulus unter dem Gekreuzigten zeigen. Paulus weist dabei auf seine Schriftrolle mit dem Vers aus 1. Korinther 2,2. Die Darstellung beider Kreuzestheologen unter dem Kreuz Christi übertrifft aber die früheren Bilder von der Umarmung Bernhards und die Darstellung Luthers mit Paulus.

Die Plastik lässt die künstlerische Absicht des Bildhauers erkennen. Christus, dessen Arme vom Kreuz losgelöst sind, ist nur an den Füßen angenagelt. Dadurch kommt das „Schwebende“ zum Ausdruck, wodurch die Himmelfahrt, wie im Isenheimer Altar bei der Auferstehung von Matthias Grünewald, mit einbezogen wird. Christus umfasst mit beiden Händen die vor ihm knienden Personen, wobei die rechte Hand des Gekreuzigten auf Bernhards Schultern liegt, während die linke Hand Christi den Rücken Luthers lediglich sanft berührt.
Bernhard ist als Greis und Mystiker mit dem Blick auf Christus dargestellt, während Luther als junger Mann die Beziehung zwischen Bernhard und Christus ehrfurchtsvoll beobachtet. Bernhard hat die Arme vor der Brust verschränkt und die beiden überkreuzten Hände an sich gedrückt. In der rechten Armbeuge lehnt der Abtsstab. Die Hände Luthers halten eine Schriftrolle. Sie soll als wichtiges Symbol für Luthers Theologie nicht versteckt bleiben. Die beiden knienden Reformatoren sind jeweils durch Wappen und Namen gekennzeichnet.
Ein einmaliger Zweitguss des „Amplexus“ befindet sich übrigens seit 2013 in der Klosterkirche Loccum.

Quelle: Kirchen und Klöster der Zisterzienser
Das evangelische Erbe in ökumenischer Nachbarschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Paul Geißendörfer (Hg.), Kunstverlag Josef Fink, 2. Auflage 2016, Seite 316.