Gott ist so viel mehr

Ich glaube an Gott, den Schöpfer…, die Schöpferin…, das Sein… hier fängt es schon an. Im Glaubensbekenntnis wird die Vielfalt der Gedanken die Menschen über Gott haben nicht abgebildet. – und das kann eigentlich gar nicht möglich sein, denn schon das 1. Gebot sagt uns: Du sollst Gott nicht festlegen! Es darf nicht das Bild von Gott geben, nicht ein Bild in keinen Stein gemeißelt… kein Bild und kein allein gültiges Wort.

Aber dieses gegensätzliche Bedürfnis begegnet mir: die einen, die sich nach mehr Vielfalt sehnen, ein fließendes, sich veränderndes Bild für Gott suchen und ihr eigenes Bild von Gott im alltäglichen Umgang oder in Gottesdiensten nicht repräsentiert finden.

Und andere, auch durch Luthers Weise die Bibel zu übersetzen, geprägt: der HERR
Bei den einen kommt die Frage auf: Bin ich falsch, ist meins nicht richtig, nicht erwünscht? – hingegen die anderen, für die feststeht, dass Gott der Herr ein starker Mann ist.

Aus meiner Sicht viel zu beengt:
Da fehlt mir Gott die Quelle allen Seins.
Aber auch Bilder der Bibel: Gott breitet die Flügel aus damit wir Menschen, wie die Küken bei der Glucke Schutz finden. Gott die Burg oder das Zelt, das sich voller Segen über mich spannt.

Meine Vorstellung ist, dass Gott offen ist für meine Fantasie und mein Bedürfnis. Gott hört mich und sieht mich, ob ich nun Vater oder Mutter oder anderes sage.
Die 10-jährige Tochter einer Bekannten geht gerne zu den PfadfinderInnen, aber sie fragte warum denn in den Liedern immer nur von Herr, Herrscher und König gesungen wird. Gott ist doch Liebe, Fürsorge und Schutz. Kinder haben ein natürliches Empfinden dafür, dass es immer mehr als eine Möglichkeit gibt. Warum haben wir Erwachsenen das sein gelassen? Hat sich unser Kopf in den Vordergrund gestellt, dass etwas vorgegeben ist in das ich mich einzufügen habe? Halte ich es aus, oder mache ich mich frei für meine Bilder von Gott, die mich stärken und leiten?

Meine Rede von Gott ist inklusiv und bunt, sonst hätte doch Gott den Regenbogen als Zeichen des Bundes mit uns Menschen nicht in die Wolken gestellt. Ein Bild, das Gott von sich selbst zeigt. In dieser Weite bin ich eingeladen über Gott nachzudenken zu reden und mich in meinen Sorgen und Nöten begleiten zu lassen.

Auch ist Gott nicht dazu da anderen mit dieser allumfassenden (meist allmächtig genannt) Kraft zu drohen. „Der liebe Gott sieht alles“ eine Drohung der ich mich schon als Kind versucht habe zu entziehen. Als Kindergottesdienst-Mitarbeiterin bin ich dann einer beruhigenden Geschichte begegnet. Ein Kind ging immer unter einem Regenschirm, damit Gott es nicht sehen konnte. Aber eine Weise von Gott zu sprechen, die nicht guttut. Ich soll mich mit meinen Fehlern nicht vor Gott verstecken müssen: Tochter-Sohn-Kind Gottes bin ich, so die Zusage in der Bibel auch mit dem was mir nicht gelingt, was ich falsch mache, wo ich Gebote nicht einhalte.
Denn gnädig und barmherzig ist Gott geduldig und von großer Güte. (Psalm 145)
So haben bei Gott die unterschiedlichsten Vorstellungen und Bilder Platz, Hauptsache ich bin in Beziehung zu Gott. Lasse mich einladen das Erlebnis Glauben zu wagen, finde meine Kommunikation und meine Rituale und Handlungen Gott nahe zu sein.

Wie möchte ich von Gott sprechen und wie stelle ich mir Gott vor? In einem Glaubenskurs für Frauen habe ich erkennen können, dass auch das Geschlecht und die Erfahrungen die wir gesellschaftlich in dieser (Geschlechter-)Rolle machen einen Einfluss darauf haben wie meine Rede von Gott ist.
Vätergeschichten – wie sollen Frauen da ihre Identifikation finden?
Es sind Mütter und Väter-Geschichten in der Bibel oder Elterngeschichten, denn was wäre Abraham ohne Sara oder Jakob ohne Rebecca … und immer so weiter.
Im Umkehrschluss brauchen Männer wie Frauen jeweils in Abgrenzung und Anlehnung weibliche, männliche und diverse Vorbilder, damit sich das eigene Bild von mir, von anderen und das von Gott entwickeln kann. Lasst uns gemeinsam suchen, entdecken und finden wie unterschiedlich wir Gott wahrnehmen. Lasst uns darüber sprechen und mit Respekt die Vielfalt zeigen und akzeptieren. Uns ist gesagt: Du sollst (nicht nur sollen, wir dürfen) Gott und die Nächsten lieben wie dich selbst.
Gott ist so viel mehr als ich mir als Mensch vorstellen kann, dass hoffe ich, glaube ich und möchte es für alle einladend und sichtbar, als eine für Kirche, zeigen.

Cornelia Renders
Äbtissin im Kloster Isenhagen
Diakonin und Spiritualin
Quelle: Mitmachen- ELM Hermannsburg 2/2023, Seiten 14-15