Pfingsten 2021

Bild: Figuration des Heiligen Geistes | Parament zur Reformation
Entwurfsarbeit: Gerd Winner | Maße: 2,32 m x 1,50 m
Material: Kette: Leinenkettgarn; Schuss: mercerierte Baumwollgarne,
Baumwollzwirn, diverse matte Baumwollgarne
Hergestellt: Paramentenwerkstatt der von Veltheim-Stiftung,
Kloster Marienberg
Künstlerisch-technische Webtechnik: Angekla Neddermeyer, Dora Herrmann
(Assistenz seit Mai 2018)


Apg 2, 15–17
Diese Männer sind nicht betrunken, wie ihr meint; es ist ja erst die dritte Stunde am Tag; sondern jetzt geschieht, was durch den Propheten Joël gesagt worden ist: In den letzten Tagen wird es geschehen, so spricht Gott: Ich werde von meinem Geist ausgießen über alles Fleisch.

Dieser Hinweis des Petrus läßt die Kirche die Ausgießung des Heiligen Geistes zur dritten Stunde des Tages feiern. Daher weiht das Stundengebet die Terz, besonders dem Heiligen Geist.

Das Zisterzienserrituale ließ daher am Pfingstsonntag die erste Strophe des Hymnus knieend singen, und die folgenden Strophen extra stallum stehend, das heißt man lehnt sich nicht (bequem) in das Stallum, sondern man steht aufrecht und einen Schritt nach vorne. Das gibt der Gesamtheit der psallierenden Mönche und Nonnen ein feierliches Gepräge.

Diese Gesten unterstreichen die Worte des Liedes und die Tiefe des Festgeheimnisses:
Nunc, Sancte, nobis, Spiritus,
Unum Patri cum Filio,
Dignare promptus ingeri
Nostro refusus pectori.

Nun, Heiliger Geist,
eins mit dem Vater und dem Sohn,
würdige dich, bereitwillig, [ja] dräng dich uns auf,
hineingegossen in unsere Brust.

In Heiligenkreuz hat sich dieser Brauch auf den Hymnus der Vesper verschoben, den wir neun Tage lang vor dem Pfingstfest singen, die erste Strophe kniend, die weiteren Strophen feierlich vor dem Stallum stehend.:

Veni, creator Spiritus,
mentes tuorum visita:
imple superna gratia,
quae tu creasti pectora.

Komm, Schöpfer, Geist,
besuch das Denken der Deinen:
erfülle mit der Gnade von oben,
die Herzen, die du erschaffen.

Ob zur Terz oder zur Vesper, ob an den neun Tagen vor Pfingsten oder täglich zur dritten Stunde: immer brauchen wir den Heiligen Geist — ob ob Christ im Kloster, oder Christ in der Welt: alle brauchen wir den Heiligen Geist! Beten wir füreinander, beten wir miteinander!

Mit herzlichen Grüßen aus dem Stift Heiligenkreuz!

P. Dr. Meinrad Josef Tomann OCist, Prior


„Mit dem Heiligen Geist kann ich nichts anfangen,“ hören wir immer wieder. Das ist verständlich, aber wichtiger ist die Frage, ob der Heilige Geist etwas mit mir anfangen kann. Der Heilige Geist, das ist die Unverfügbarkeit Gottes. Er ist nicht be-greifbar, aber von großer Kraft.

Gerd Winner stellt das in seinem Reformationsparament dar: Mit schwungvollen, schnellen Linien, wie flatternde Bänder. Die Flächen dazwischen bleiben leer. So kommt der Geist Gottes im Sturzflug aus dem Himmel. Die Figur erinnert an die Taube, in der der Geist Gottes bei der Taufe Jesu vom Himmel kommt. Oder sind es vielleicht auch Feuerflammen, wie in der Pfingstgeschichte? In der Ausstellung, die wir zur Zeit in der Marktkirche Goslar haben, spielt Winner mit dieser Form. Er gibt ihr verschiedene Farben vor unterschiedlichen Hintergründen. Auch die Form selbst variiert. So weckt sie unterschiedliche Assoziationen: Mal mehr Vogel, mal mehr Feuer, manchmal vom Wind getrieben, manchmal wird auch eine Blume mit zwei Blütenblättern daraus. Allen Bildern gemein ist die Kraft und Dynamik – und die Leichtigkeit. Das alles zusammen ist Heiliger Geist, ist Pfingsten.

Diese Kraft des Heiligen Geistes bringt uns in Bewegung. Auch unsere Kirchen. Darum hat Winner sein Pfingstparament Reformationsparament genannt. Unsere Kirchen stehen vor großen Herausforderungen. Veränderungen sind nötig, das fällt vielen Christen schwer. Pfingsten, das Fest des Heiligen Geistes und der Kirche, will uns dazu ermutigen. Im Vertrauen auf den Heiligen Geist und seine verändernde Kraft können wir uns auf neue Wege einlassen. Was dabei herauskommt, wissen wir noch nicht. Jedenfalls zeichnet sich ab, dass wir als Christen näher zusammenrücken über die Konfessionsgrenzen hinaus. So will dieses Reformationsparament, indem es uns auf den Heiligen Geist schauen lässt, ein Beitrag zur Ökumene sein.

Claudia Lundbeck

 

Ein gesegnetes, fröhliches Pfingstfest und eine erfüllte Zeit wünscht
Ihnen, mit herzlichen Grüßen, das Leitungsteam der Gemeinschaft