Amelungsborn

Amelungsborn

Gründung

Amelungsborn wurde 1135 als „Zweigstelle“ von Mönchen des Klosters Kamp, das auf dem Gebiet der Stadt Kamp-Lintfort liegt, gegründet. Die „villa Amelungsborn“, die ihren Namen nach der noch heute nachweisbaren Quelle trägt (Born des Amelung), gehörte zu den Erbgütern des Northeimer Grafengeschlechts. Zahlreiche Stiftungen und Privilegien mehrten den Wohlstand des Klosters. Die weißen Mönche erwiesen in der Region ihr besonderes Geschick in Land- und Wasserwirtschaft und in der Architektur. Das ist heute am Ort und in der Landschaft noch gut erkennbar.

Die junge Zisterze gründete Riddagshausen bei Braunschweig (1145) und Doberan bei Rostock (1171). Aus Amelungsborn stammt der Mönch Berno. Er war erster Bischof von Schwerin. Auf Bernos Betreiben erfolgte 1171 in Doberan-Althof eine Neugründung zur Christianisierung und Kultivierung Mecklenburgs. Sie wurde nach Ermordung des Gründungskonvents durch heidnische Einwohner 1186 in Doberan neu besiedelt.

Der Mönch Bodo aus Amelungsborn wurde Abt des 1138 von Altenberg gegründeten Klosters Mariental bei Helmstedt. Blütezeit Amelungsborns war im 14. Jahrhundert. Die Klosteranlage war in Klausur und Kirche für 50 Mönche ausgelegt sowie für weitere 90 im Kloster lebende Laienbrüder (Konversen). Sie und Klosterverwandte (Familiares), dazu Bedürftige, die nach der Benediktsregel einen Anspruch auf Armenspeisung hatten, wollten täglich versorgt sein.

Amelungsborn besaß im Mittelalter eine bedeutende Bibliothek. Eine fünfbändige, auf Pergament im eigenen Skriptorium geschriebene Bibel mit geschmückten Initialen befindet sich in der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Das Klosterkrankenhaus hatte einen guten Ruf. Im klostereigenen Vogler und im Solling kam es zu einer starken Ansiedlung von Glashütten auf Klostergrund. Von deren Leistungsstärke zeugten qualitätvolle Glasmalereien in der Klosterkirche. Ein kleiner Bestand blieb erhalten.

Reformation

Kurz nach seinem Regierungsantritt 1568 führte Herzog Julius in seinem Land die Reformation. Tragende Grundüberzeugungen erhielten eine neue Richtung: Die Landeskirche und die Klöster in ihrem Gebiet wurden evangelisch. Aber das Zisterzienserkloster wurde nicht aufgehoben! Der Konvent richtete eine Klosterschule ein und nahm zwölf Kinder, vor allem Söhne armer Eltern, auf und schenkte Bildung, freie Unterkunft, Verpflegung und Kleidung. Der Unterricht diente der Vorbereitung auf ein Theologiestudium. Die Konventualen wurden Lehrer oder Pastoren in den Klosterdörfern.

1760 wurden Klosterschule und Stadtschule Holzminden in Holzminden vereinigt. Aus dieser Schule entwickelte sich das heutige Campe-Gymnasium.

Klosterkirche St. Marien

Aus der ersten Bauperiode im 12. Jahrhundert stammen das flach gedeckte basikale Langhaus des Oratoriums und Teile des Querhauses. Das Anwachsen des Konvents bewirkte vermutlich die Vergrößerung von Chor und Querhaus ab 1355. Mangelnde Finanzen gestatteten keine weiteren größeren Bautätigkeiten.

Ab 1849 wurden durchgreifende bauliche Veränderungen notwendig, weil sich die Klostergebäude in einem desolaten Zustand befanden. Die Klosterkirche St. Marien erlitt am 8. April 1945 durch einen Luftangriff schwerste Schäden. Aber es durfte „neues Leben auf altem Boden“ entstehen und Leben erblühte. „Der abgehauene Baum grünt und blüht wieder“ (succisa virescit). Kirche und Klostergebäude wurden wieder hergestellt und ausgebaut. Mit der Neuweihe der Klosterkirche am 12. Juli 1959 konnte ein weiteres Kapitel der Klostergeschichte aufgeschlagen werden.

20. Jahrhundert und Gegenwart

Durch den Gebietsausgleich vom 1. August 1941 gelangte der Kreis Holzminden zur Provinz Hannover und kirchlich an die Landeskirche Hannovers. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche besetzte die vakante Prälatur 1960 mit dem Theologen Christhard Mahrenholz. Möglich wurde dies durch den Loccumer Vertrag von 1955 zwischen dem Land Niedersachsen und den evangelischen Landeskirchen in diesem Bundesland (Staatskirchenvertrag). Als Leitungsgremium berief man einen Konvent. Dieser schuf mit anderen die neue Grundstruktur für ein Kloster auf Zeit. Die wenigen erhaltenen Klostergebäude konnten renoviert werden und eine Tagungsstätte nahm ihre Arbeit auf.

Kloster Amelungsborn hat nach einer Verfassungsänderung im Jahr 2020 den Konvent für Frauen geöffnet. Dadurch können Theologinnen künftig auch als Priorin oder Äbtissin in die Leitung berufen werden. Äbtissin oder Abt leiten gemeinsam mit dem Konvent (sechs Theologinnen und Theologen und eine Juristin, ein Jurist) das Kloster.

1961 entstand auf Initiative von Abt Christhard Mahrenholz zusammen mit dem Arzt Dr. Hans-Georg Jaedicke eine Bruderschaft, die Familiaritas. Der Ökumenische Frauenkreis wurde 1982 ins Leben gerufen. Die Frauen und Männer aus allen Teilen Deutschlands sind keine Nonnen und Mönche, sondern Christinnen und Christen, die sich dem Kloster in besonderer Weise verbunden fühlen. Sie kommen verlässlich im Jahr zu Gebet und Arbeit zusammen. Morgens, mittags, abends und zur Nacht ziehen sie auf den Ruf der Gebetsglocke in die Kirche ein und singen im Hohen Chor die Gebete, wie ihre Mütter und Väter im Glauben vor ihnen gebetet haben. Die Gottesdienste zu den Tageszeiten (Stundengebete) sind im Evangelischen Gesangbuch unter den Nummern 783 – 786 abgedruckt (nicht in allen Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland).

Die Ökumene liegt Ökumenischem Frauenkreis und Familiaritas am Herzen. Die Frauen pflegen Kontakt zur Benediktinerinnenabtei vom Heiligen Kreuz Herstelle und die Männer zum Zisterzienserkloster Bochum-Stiepel. In der Fürbitte am Sonnabendabend wird „aller Benediktiner- und Zisterzienserklöster, der Abtei Herstelle, des Klosters Stiepel und des Generalabtes der Zisterzienser“ gedacht.

Die klösterliche Familie, Abt/Äbtissin, Konvent, Familiaritas und ökumenischer Frauenkreis verstehen ihren Dienst als den eines Klosters auf Zeit. Die Familienglieder gehen andernorts ihren Berufen nach, engagieren sich in ihren Kirchengemeinden und sind durch die gemeinsame Lektüre des Amelungsborner Breviers untereinander und mit dem Kloster verbunden.

Ehrenamtliches Engagement zeigt sich in der Kirchenpädagogik. Sie ist ein wichtiger Bestandteil kirchlicher Bildungsarbeit. Das Projekt „Kirche zum Anfassen“ bietet seit rund 20 Jahren ein erfahrungs- und traditionsbezogenes Entdeckerprogramm („Lernen mit allen Sinnen“) für Schulklassen und andere Gruppen unterschiedlichen Alters, von der Kindertagesstätte bis zu den Landfrauen.

Ehrenamtlich wird auch ein nach mittelalterlichem Vorbild neu gestalteter Kräutergarten gepflegt. Hier sind Arznei-, Küchen- und Symbolpflanzen, wie sie früher in Klostergärten selbstverständlich waren, zu finden.

Eine im Jahr 2007 gegründete Klosterstiftung hat es sich zu einer ihrer Aufgaben gemacht, das seit 1135 bestehende geistliche Leben in unserer Zeit nachhaltig weiter auszubauen als Ort des Gebets, der Gottesbegegnung und Gotteserfahrung.

 

www.kloster-amelungsborn.de 
www.muenster-doberan.de
www.kloster-loccum.de